Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe \(RGW\)

Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe \(RGW\)
Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW)
 
Der von Stalin erzwungene Verzicht auf die Teilnahme am Marshallplan hatte gravierende Auswirkungen auf die noch stark agrarisch geprägten, von Kriegszerstörungen hart getroffenen Volkswirtschaften der osteuropäischen Länder. Die vom Kreml verlangte Übernahme des zentralen Planungssystems und die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft bedingten weitere Einbußen. Auf Initiative der UdSSR schlossen sich am 25. Januar 1949 Bulgarien, Polen, Rumänien, die Tschechoslowakei und Ungarn mit der Sowjetunion im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (auch Council for Mutual Economic Assistance/COMECON) zusammen, der um Albanien (1949), die DDR (1950), die Mongolische Volksrepublik (1962), Kuba (1972) und Vietnam (1978) sowie mehrere assoziierte Mitglieder erweitert wurde.
 
Im Interesse eines raschen Wirtschaftswachstums und des Ein- oder gar Überholens der kapitalistischen Staaten wurde als Nahziel die Koordinierung der Wirtschaftspläne, der Investitionen und der Produktionsprogramme unter optimaler Ausnutzung der Ressourcen angestrebt.
 
Das Ständige Büro des RGW in Moskau bereitete die aufeinander abgestimmten, langfristigen nationalen Wirtschaftspläne vor, die dem Aufbau der Schwerindustrie ohne Rücksicht auf nationale Rohstoffvorräte Vorrang einräumten. Die UdSSR, die 1951 bereits 80 % ihres Außenhandels mit den RGW-Partnern abwickelte, konnte die Preise für ihre Energie- und Erzlieferungen diktieren. Erst nach 1958 entwickelte sich unter Aufgabe der bisherigen Autarkiebestrebungen langsam eine internationale Arbeitsteilung mit der konzentrierten Produktion bestimmter Erzeugnisse in einzelnen Ländern, ohne dass es aber gelang, wichtige Grundsatzfragen, etwa die Realisierung eines »sozialistischen Preissystems« oder die Konvertibilität der Währungen, zu lösen.
 
Als Antwort auf die durch wiederkehrende Engpässe in der Lebensmittel- und Konsumgüterversorgung ausgelösten Bemühungen einzelner Länder, die Zentralplanung zu lockern und Marktmechanismen zu berücksichtigen, intensivierte der Kreml seine Versuche, die »sozialistische Integration« voranzutreiben; ein 1971 verabschiedetes »Komplexprogramm« sollte die Planung und Zusammenarbeit verbessern. Die Zuständigkeit von Unterorganisationen (Koordinierung der Forschung, 1962; Internationale Investitionsbank, 1963/1971; Interatom, 1972; Kreditbank für Entwicklungsländer, 1974) wurde erweitert.
 
Die Ausrichtung der Abrechnung an den Weltmarktpreisen, das knappe Warenangebot und hohe, nicht verwertbare Guthaben in Transfer-Rubeln ließen die osteuropäischen RGW-Partner verstärkt Kredite, moderne Technik, Partner und Absatzmöglichkeiten im Westen suchen. Die allgemeine, von Inflation, Streiks und Versorgungsschwierigkeiten begleitete Krise der sozialistischen Planwirtschaft der Achtzigerjahre konnte vom RGW nicht mehr beigelegt werden. Als Folge des eingeleiteten Übergangs zur Demokratie westlichen Vorbilds und zur Marktwirtschaft wurde er zum 30. Juni 1991 aufgelöst.

Universal-Lexikon. 2012.

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